Die kleinste soziale Einheit ist die Familie. Und sie ist privat. Wenn man möchte, kann vieles innerhalb einer Familie unbekannt bleiben. In Lügen über meine Mutter seziert Daniela Dröscher das Verhältnis ihrer Eltern zueinander und auch, welche Rolle sie als Kind darin einnimmt.
Aus der Ich-Perspektive erzählt, muss man als Leser:in erstmal wahrnehmen, dass nicht die acht-jährige zu den feinen Analysen kommt, sondern die Erwachsene Tochter rückblickend beschreibt. Manch ein Konflikt innerhalb der Familie scheint von vorne herein in den Charakteren der Eltern angelegt zu sein, einiges schleift sich über die Zeit ein und anderes Wiederum steht im Verhältnis zum Außen, zur Gesellschaft drum herum. Daniela Dröscher gelingt eine spannende, ruhig erzählte Beschreibung des Zeitgeschehens.
Man wird mitgenommen in die Zeit der achtziger Jahre im Hunsrück und erlebt die Beklemmung, die aus einem gewissen Anspruchsdenken zum Beispiel bezüglich der Figur der Frau, aber auch berufliche Chancen des Mannes sowie der Frau, entsteht. Nicht jede Hoffnung wird erfüllt. Daneben existiert eine soziale Stabilität und Verantwortungsbewusstsein für das außenfamiliäre Umfeld. Ein gutes Gefühl.
Von Außen und aus heutiger Perspektive betrachtet, stellt sich oft die Frage: warum hat das Paar nicht mehr und besser und aufrichtiger miteinander gesprochen? Sich zugehört? Versucht zu verstehen, wer welches Bedürfnis hat? Wahrscheinlich wäre das Leben der Familie anders verlaufen, aber das wäre es nicht dieser Roman geworden.
Lügen über meine Mutter von Daniela Dröscher steht 2022 auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises.
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